Ein Platz für Milena Jesenská und Franz Kafka

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Bürgermeister Dario Dal Medico (von links), Stadträtin Emanuela Albieri, Vizebürgermeisterin Katharina Zeller und Stadtrat Stefan Frötscher bei der offiziellen Enthüllung des neuen Straßenschildes am Milena-Jesenská-und-Franz-Kafka-Platz.

Im Rahmen einer offiziellen Feier, die heute Vormittag stattfand, wurde der Milena Jesenská und Franz Kafka gewidmete Platz an der Kreuzung Maia-, Brenner- und Weingartenstraße in Untermais eingeweiht. 

An der Feier nahmen neben Bürgermeister Dario Dal Medico, Vizebürgermeisterin Katharina Zeller, Stadträtin Emanuela Albieri, Stadtrat Stefan Frötscher, auch der ehemalige Bürgermeister von Meran Paul Rösch und der international anerkannte Kafka-Biograf Reiner Stach teil.

Die feierliche Benennung des kleinen Platzes in Untermais - an der Kreuzung zwischen Maia-, Tobias-Brenner- und Weingartenstraße nach Milena Jesenská und Franz Kafka ist eine der zahlreichen Veranstaltungen (siehe Pressemitteilung vom 20. März 2024), die im Rahmen des von dem Journalisten Patrick Rina und der Historikerin Veronika Rieder konzipierten und koordinierten Projekts Kafka 2024 Meran/o geplant sind. Der Meraner Gemeinderat hatte der Platzbenennung im Oktober 2023 zugestimmt.

"Franz Kafka, einer der bedeutendsten Schriftsteller des 20. Jahrhunderts, und Milena Jesenská, die als tschechische Übersetzerin und Journalistin bekannt ist, haben nicht nur durch ihre Werke und ihre Taten die Welt bereichert, sondern auch durch ihre tiefe menschliche Verbundenheit und ihre Suche nach Wahrheit und Gerechtigkeit. Indem wir diesen Platz nach Franz Kafka und Milena Jesenská benennen, ehren wir ihr Erbe und erinnern uns an ihre Bedeutung für die Literatur und die Menschheit. Möge dieser Ort ein Ort der Begegnung, der Inspiration und des Nachdenkens sein. Mögen die Ideen von Kafka und Jesenská hier lebendig bleiben und Generationen von Menschen inspirieren, die diesen Platz besuchen", so Bürgermeister Dario Dal Medico.

Schild„Kafkas Name steht hinter jenem Jesenskás, um den Frauen bei der Benennung von Straßen und Plätzen in Meran eine größere Sichtbarkeit zu geben. Dies ist auch im Plan für die Gleichstellung von Frauen und Männern der Stadt Meran vorgesehen“, unterstrich Vizebürgermeisterin Katharina Zeller bei der heutigen Feier.

„Während Kafkas Aufenthalt in Meran im Jahr 1920 entstanden die ersten der heute weltberühmten Briefe an Milena in der Pension „Ottoburg“. Die Briefe an Milena wurden bisher in mehr als 20 Sprachen übersetzt – nicht nur wegen ihrer literarischen Qualität, sondern auch, weil sie auf bewegende Weise zeigen, wie die Nähe zwischen zwei Menschen aus Briefen erwachsen kann“, erklärte Reiner Stach, weltweit einer der anerkanntesten Kafka-Forscher. „Es ist ein besonderer Glücksfall, dass die Ottoburg, in der diese Briefe entstanden, im nahezu originalen Zustand erhalten blieb. Es ist daher schön, dass die Stadtverwaltung die Verkehrsfläche vor der ehemaligen Pension Kafkas mit den Namen beider Briefpartner versieht“, freute sich Kafka-Biograf Reiner Stach. 

April–Juni 1920: Kafka in Meran

Am 3. April 1920 stieg Franz Kafka – der „Beamte aus Prag“ – am Bahnhof in Meran aus dem Zug. Zunächst logierte er im teuren Hotel „Frau Emma“, doch schon nach wenigen Tagen übersiedelte er nach Untermais in die preiswertere Pension „Ottoburg“. Bis Ende Juni 1920 verbrachte er hier einen Kuraufenthalt. „1917 hatte er einen Lungenblutsturz erlitten und war überdies 1918 an der Spanischen Grippe erkrankt, die seine Tuberkulose verschlechterte. In Meran suchte er Linderung seiner tödlichen Krankheit. Meran war seit der Mitte des 19. Jahrhunderts als heilklimatischer Kurort für Lungenkranke bekannt. Kafka unterzog sich den damals üblichen Kuranwendungen und erlebte innerlich eine leidenschaftliche Liebe zu seiner tschechischen Übersetzerin Milena Jesenská. 

Obgleich als private Korrespondenz entstanden, werden die Briefe von der Leserschaft eigenmächtig zu einem Liebesroman geschnürt, der durchaus mit den berühmten Briefromanen Johann Wolfgang von Goethes und Ugo Foscolos vergleichbar ist. In seinen Briefen beschreibt Kafka in schonungsloser und bohrender Offenheit seine Gefühle und Gedanken. Kafka verstarb am 3. Juni 1924 in einem Sanatorium nahe Wien an Kehlkopftuberkulose. Sein Tod markierte das Ende eines literarischen Genies. Seine Werke – darunter „Die Verwandlung“, „Der Process“ und „Das Schloss“ – zählen zu den Schlüsselwerken der Weltliteratur.  

Milena Jesenská hatte einige Werke Kafkas ins Tschechische übersetzt. Sie war in der Tschechoslowakei im antifaschistischen Widerstand tätig und starb am 17. Mai 1944 an den Folgen einer Nierenerkrankung im KZ Ravensbrück.

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04.04.2024

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