Kafka 2024 Meran/o: Eine Veranstaltungsreihe im Zeichen des „Weltschriftstellers“

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Von links: Stadträtin Emanuela Albieri, Vizebürgermeisterin Katharina Zeller, Historikerin Veronika Rieder und Journalist Pastrick Rina.

Im Juni 2024 jährt sich der Todestag von Franz Kafka zum 100. Mal. Dieser Jahrestag bietet die Gelegenheit, den Schriftsteller aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten und über die universelle Bedeutung seines literarischen Vermächtnisses nachzudenken. Die Stadt Meran beteiligt sich am internationalen Kafka-Jahr: Von April bis Juni finden zahlreiche Kulturveranstaltungen statt. 

Meran nahm in Kafkas letzten Lebensjahren eine nicht zu unterschätzende Rolle ein: Hier entstanden im Frühjahr 1920 die ersten der heute weltbekannten Briefe an seine tschechische Übersetzerin Milena Jesenská. 

Franz Kafkas 100. Todestag 

Am 3. Juni 1924 verstarb der Prager Schriftsteller Franz Kafka in einem Sanatorium nahe Wien an Kehlkopftuberkulose. Sein Tod markierte das Ende eines literarischen Genies. Seine Werke – darunter „Die Verwandlung“, „Der Process“ und „Das Schloss“ – zählen zu den Schlüsselwerken der Weltliteratur. Aus Anlass des 100. Todesjahres des  „Weltschriftstellers“ gedenken zahlreiche Länder mit unterschiedlichen Veranstaltungen seines Lebens und Werks. „Wir freuen uns, dass die Stadt Meran unsere Idee unterstützt und ein eigenes Meraner Kafka-Jahr ins Leben gerufen hat. Jeder, der sich mit Kafkas Leben beschäftigt, begegnet dem Meran-Aufenthalt des Schriftstellers im Frühjahr 1920. Daher war es uns ein großes Anliegen, Kafka 2024 in der Passerstadt angemessen zu würdigen“, sagen die Historikerin Veronika Rieder und der Journalist Patrick Rina, die für die Planung und Koordination des Kulturprojektes Kafka 2024 Meran/o verantwortlich zeichnen.  

Die Idee hinter dem Meraner Kafka-Jahr

„Der Weg des Meraner Kafka-Projektes begann schon im Sommer 2017“, erinnert sich Patrick Rina. „Damals führte ich einen evangelischen Theologen aus Deutschland durch Meran. Dessen Interesse galt vornehmlich Kafkas Meraner Zeit. Dieser Spaziergang auf Kafkas Spuren ließ mich 2018 eine Arbeitsgruppe gründen, der von Anfang an Veronika Rieder angehörte. Gemeinsam mit der Urania organisierten wir zur Erinnerung an Kafkas Kuraufenthalt in Meran den Veranstaltungszyklus Kafka 1920–2020 und veröffentlichten das Buch Kafka in Meran. Kultur und Politik um 1920 (Edition Raetia). Das Gedenkjahr 2024 knüpft an diesen langjährigen Erfahrungsschatz an“, betont Rina. „Es gibt in Meran viele ,Kafka-Orte’, die wir zeigen können, viele Möglichkeiten, ihn nicht nur als Autor, sondern auch als Mensch lebendig werden zu lassen“, fügt Projektkoordinatorin Veronika Rieder hinzu.

Die Zielsetzung von Kafka 2024 Meran/o

Kafka 2024 Meran/o zielt darauf ab, Meran als Stadt der Kultur in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu rücken. Dabei sollen Einheimische und Gäste gleichermaßen angesprochen werden. „Wir wollen am Kristallisationspunkt Kafka das kulturelle Potential unserer Stadt aufzeigen und mit Kafkas Aufenthalt 1920 beispielhaft daran erinnern, wie viele bedeutende Persönlichkeiten aus den Bereichen Musik, Kunst und Literatur in Meran Erholung und Inspiration fanden und finden“, erklärt Rieder. 

April–Juni 1920: Kafka in Meran

Am 3. April 1920 stieg Franz Kafka – der „Beamte aus Prag“ – am Bahnhof in Meran aus dem Zug. Zunächst logierte er im teuren Hotel „Frau Emma“, doch schon nach wenigen Tagen übersiedelte er nach Untermais in die preiswertere Pension „Ottoburg“. Bis Ende Juni 1920 verbrachte er hier einen Kuraufenthalt. „1917 hatte er einen Lungenblutsturz erlitten und war überdies 1918 an der Spanischen Grippe erkrankt, die seine Tuberkulose verschlechterte. In Meran suchte er Linderung seiner tödlichen Krankheit“, erzählt Veronika Rieder. Meran war seit der Mitte des 19. Jahrhunderts als heilklimatischer Kurort für Lungenkranke bekannt. Kafka unterzog sich den damals üblichen Kuranwendungen und erlebte innerlich eine leidenschaftliche Liebe zu seiner tschechischen Übersetzerin Milena Jesenská. „Obgleich als private Korrespondenz entstanden, werden die Briefe von der Leserschaft eigenmächtig zu einem Liebesroman geschnürt, der durchaus mit den berühmten Briefromanen Johann Wolfgang von Goethes und Ugo Foscolos vergleichbar ist. In seinen Briefen beschreibt Kafka in schonungsloser und bohrender Offenheit seine Gefühle und Gedanken“, sagt Projektkoordinator Patrick Rina.

Ein Platz für Milena Jesenská und Franz Kafka

Während Kafkas Aufenthalt in Meran entstanden die ersten der heute weltberühmten Briefe an Milena in der Pension „Ottoburg“. „Die Briefe an Milena wurden bisher in mehr als 20 Sprachen übersetzt – nicht nur wegen ihrer literarischen Qualität, sondern auch, weil sie auf bewegende Weise zeigen, wie die Nähe zwischen zwei Menschen aus Briefen erwachsen kann“, erklärt Reiner Stach, weltweit einer der anerkanntesten Kafka-Forscher. „Es ist ein besonderer Glücksfall, dass die Ottoburg, in der diese Briefe entstanden, im nahezu originalen Zustand erhalten blieb. Es ist daher schön, dass die Stadt die Verkehrsfläche vor der ehemaligen Pension Kafkas mit den Namen beider Briefpartner versieht“, freut sich Stach. Am 4. April 2024 wird die zwischen Maia-, Brenner- und Weingartenstraße gelegene Fußgängerfläche den Namen Milena-Jesenská-und-Franz-Kafka-Platz erhalten. Der Gemeinderat hatte der Platzbenennung im Oktober 2023 zugestimmt. „Kafkas Name steht hinter jenem Jesenskás, um den Frauen bei der Benennung von Straßen und Plätzen in Meran eine größere Sichtbarkeit zu geben. Dies ist auch im Plan für die Gleichstellung von Frauen und Männern der Stadt Meran vorgesehen“, unterstreicht Merans Vizebürgermeisterin Katharina Zeller. Milena Jesenská hatte einige Werke Kafkas ins Tschechische übersetzt. Sie war in der Tschechoslowakei im antifaschistischen Widerstand tätig und starb am 17. Mai 1944 an den Folgen einer Nierenerkrankung im KZ Ravensbrück.

Schwerpunkte von Kafka 2024 Meran/o  

Von April bis Juni 2024 bietet das Kulturprojekt Kafka 2024 Meran/o kostenlose Veranstaltungen in deutscher und italienischer Sprache, darunter eine hochkarätig besetzte Tagung, Spaziergänge auf Kafkas Spuren sowie Begegnungen mit den Kafka-Forschern Reiner Stach und Guido Massino. „Die Anwesenheit dieser renommierten Literaturwissenschaftler ist der beste Beweis dafür, dass Meran einen hohen Stellenwert innerhalb der internationalen Kafka-Forschung einnimmt“,  bekräftigt Patrick Rina. „Auch aus diesem Grund war es uns ein Anliegen, die Meraner Veranstaltungen in das deutsch-tschechische Projekt Kafka 2024 aufzunehmen. Dieses steht unter der Schirmherrschaft des Kulturministeriums Tschechiens und der Beauftragten für Kultur und Medien der deutschen Bundesregierung. Neben Meran beteiligen sich Prag, Berlin, München, Salzburg, Paris und weitere Städte daran“, so Rina. Wie Veronika Rieder erklärt, sollen die in Meran angebotenen Veranstaltungen Kafkas Leben und Werk auf vielfältige Weise beleuchten und dabei auch einige vernachlässigte Aspekte seiner Persönlichkeit aufzeigen. „Kurgäste leben manchmal etwas abgehoben – das glauben wir von Kafka nicht, zumal sein Meran-Aufenthalt in eine für Südtirol überaus spannende Zeit fällt und wir aus seinen Tagebüchern und Briefen wissen, ein wie aufmerksamer und teilnehmender Beobachter er war. Dieses historische, politische und kulturelle Umfeld Merans um 1920 ist Gegenstand unserer Veranstaltungen“, erläutert Rieder. Auch für Herbst 2024 sind in Meran Kafka-Veranstaltungen geplant. 

Die Projektpartner von Kafka 2024 Meran/o

Das Projekt Kafka 2024 Meran/o wird von folgenden Partnern veranstaltet: Stadtgemeinde Meran (Referat für Kultur, Stadtbibliothek, Palais Mamming Museum, Stadtgärtnerei), Kurverwaltung Meran, Hausmuseum „Villa Freischütz“, Fotoclub Immagine Merano, Fachoberschule für Tourismus und Biotechnologie „Marie Curie“, Landeshotelfachschule „Kaiserhof“, Landesberufsschule für das Gastgewerbe „Savoy“, Musikschule Meran, Restaurant „Forsterbräu“. Sponsorin des Projektes ist die Raiffeisenkasse Meran.

"Ich möchte mich besonders bei den Meraner Schulen bedanken, die sich mit ihren Räumlichkeiten und ihrem Know-how in die Programmgestaltung dieses Kulturprojekts eingebracht haben", betont Stadträtin Emanuela Albieri. 

Kafka 2024 Meran/o: Alle Veranstaltungen in der Übersicht 

Einweihung des Milena Jesenská und Franz Kafka gewidmeten Platzes

•    Termin: 4. April 2024, 10.00–10.30 Uhr

•    Ort: Platz an der Kreuzung Maia-, Brenner- und Weingartenstraße, Meran-Untermais

•    Anmeldung erforderlich: kultur@gemeinde.meran.bz.it 

•    Thema: Die Fußgängerfläche in der Nähe der ehemaligen Pension „Ottoburg“ erhält die Bezeichnung Milena-Jesenská-und-Franz-Kafka-Platz. Der international anerkannte Kafka-Biograf Reiner Stach wird eine Festrede halten.

Der komische Kafka: Lesung für Schüler:innen und Interessierte 

•    Termin: 4. April 2024, 14.30–16.00 Uhr

•    Ort: FOS „Marie Curie“, Mazziniplatz 1, Meran 

•    Anmeldung erforderlich: os-tfo.meran@schule.suedtirol.it 

•    Thema: Die Veranstaltung beleuchtet die humorvollen Facetten in Kafkas Werk. Patrizia Pfeifer und Patrizio Zindaco lesen Kafka-Texte in deutscher und italienischer Sprache vor, Kafka-Forscher Reiner Stach gibt Erläuterungen. 

„Mein Kafka“: Vortrag für Schüler:innen und Interessierte 

•    Termin: 5. April 2024, 8.15–10.00 Uhr

•    Ort: FOS „Marie Curie“, Mazziniplatz 1, Meran  

•    Anmeldung erforderlich: os-tfo.meran@schule.suedtirol.it 

•    Thema: Reiner Stach berichtet von den Recherchen für seine monumentale Kafka-Biografie.

Reiner Stach präsentiert die erste kommentierte Ausgabe von Kafkas „Process“

•    Termin: 5. April 2024, 20.00–21.30 Uhr 

•    Ort: Stadtbibliothek Meran, Rennweg 1, Meran 

•    Thema: Kafka-Biograf Reiner Stach präsentiert die erste kommentierte Ausgabe von Kafkas Roman „Der Process“ und gibt Einblicke in das Original-Manuskript.

Tagung: Kafka 1924–2024. Leben, Werk, Bedeutung

•    Termin: 6. April 2024, 8.30–13.00 Uhr

•    Ort: FOS „Marie Curie“, Mazziniplatz 1, Meran

•    Thema: Vorträge zu Kafkas Leben und Literatur von Hans Heiss, Ulrike Kindl, Reiner Stach, Massimiliano De Villa, Hannes Obermair und Manuela Cattaneo della Volta.

„Passepartout“: Paläste für Gäste. Luxushotels zu Kafkas Zeiten 

•    Termin: 12. April 2024, 14.30 und 16.00 Uhr (Beginn der Führungen) 

•    Treffpunkt: Landeshotelfachschule „Kaiserhof“, Freiheitsstraße 155, Meran

•    Anmeldung erforderlich: kultur@gemeinde.meran.bz.it 

•    Thema: Besichtigung einiger ehemaliger Meraner Grandhotels.  

Kafka in Meran: Ein Spaziergang durch Literatur und Geschichte

•    Vier Termine: 17. April, 24. April, 10. Mai, 17. Mai 2024 – jeweils 14.30–17.00 Uhr

•    Treffpunkt: Bahnhof Meran (Vorplatz)

•    Anmeldung erforderlich: info@meran.eu oder Tel. +39 0473 272 000

•    Thema: Eine Kafka-Spurensuche in der Kurstadt Meran. 

Zur Kur nach Meran: Die Geschichte der Kurstadt

•    Termin: 4. Mai 2024, 16.00–19.00 Uhr

•    Treffpunkt: FOS „Marie Curie“, Mazziniplatz 1, Meran

•    Anmeldung erforderlich: info@meran.eu oder Tel. +39 0473 272 000

•    Thema: Der Spaziergang beleuchtet die Geschichte des Meraner Kurwesens. 

Fotoausstellung: Kafka sieht Meran 

•    Dauer: 4. Mai 2024 – 30. April 2025 

•    Ort: Bahnhofsunterführung in Meran 

•    Thema: Eine Fotoausstellung führt jene Orte vor Augen, die Kafka 1920 in Meran gesehen hat. Eine Initiative in Zusammenarbeit mit Palais Mamming Museum und Fotoclub Immagine Merano. 

Eine Bank für Kafka

•    Termin: 11. Mai 2024, 11.00–11.45 Uhr

•    Ort: Stadtbibliothek Meran, Rennweg 1, Meran 

•    Thema: Enthüllung einer Franz Kafka gewidmeten Sitzbank vor der Stadtbibliothek Meran.

Franz & Franz: Geschichte in Briefen

•    Termin: 18. Mai 2024, 15.00–16.30 Uhr

•    Ort: Hausmuseum „Villa Freischütz“, Schönblickstraße 8, Meran-Obermais 

•    Thema: Lesung aus Briefen Franz Kafkas und aus jenen des Kunstsammlers Franz Fromm. 

Hopfen, Malz und Kafka: Spaziergang mit Bierverkostung

•    Termin: 24. Mai 2024, 16.00–18.00 Uhr

•    Treffpunkt: Restaurant „Blumau“, Romstraße 45, Meran-Untermais

•    Anmeldung erforderlich: info@meran.eu oder Tel. +39 0473 272 000 

•    Thema: Der Spaziergang mit dem Bierexperten Roman Drescher geht auf Kafkas Beziehung zum (Meraner) Bier ein. Am Ende der Führung: Bierverkostung im Restaurant Forsterbräu (€ 15).

Kafka, Krankheit, Kurstadt: Matinée zum 100. Todestag des Schriftstellers 

•    Termin: 1. Juni 2024, 10.00–12.00 Uhr

•    Ort: Hausmuseum „Villa Freischütz“, Schönblickstraße 8, Meran-Obermais  

•    Thema: Der Kafka-Forscher Guido Massino, der Tourismushistoriker Paul Rösch und der klinische Pharmakologe Christian Wiedermann berichten über Franz Kafkas Tuberkulose, seinen Meran-Aufenthalt 1920 und seinen berühmten Briefwechsel mit Milena Jesenská.

Weitere Infos

Alle Veranstaltungen sind online abrufbar: https://kafka2024.de

Für Fragen und Interviews: 

Veronika Rieder, Koordinatorin Kafka 2024 Meran/o, +39 333 8705016, rieder.veronika@rolmail.net; Patrick Rina, Koordinator Kafka 2024 Meran/o, +39 339 2621902, patrick.rina@hotmail.de.

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20.03.2024

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